Wir trafen Mariam Farah Hussein, 40, und ihre Familie im September 2019, zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Bosaso im Norden Somalias. Sie erzählte uns, dass die Gegend, in der sie gelebt haben, mit Granatwerfern angegriffen wurde. Sie schafften es knapp, sich in Sicherheit zu bringen, bevor das Haus komplett zerstört wurde.
Die Familie begab sich auf eine lange, anstrengende Reise in den Norden des Landes. Freunde der Familie waren schon zuvor nach Bosaso geflohen und überzeugten Mariam und ihre Familie, dasselbe zu tun. Sie überließen ihnen ein Zimmer in ihrem provisorischen Haus in einem Flüchtlingslager.
Mogadischu wird seit fast 30 Jahren von Krieg und Konflikten heimgesucht. Die bewaffnete Gruppe Al Shabaab verübt in der Hauptstadt häufig Angriffe auf Regierungsbehörden, bei denen die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wird. Niemand kann sich sicher fühlen. Als wir Mogadischu im Herbst 2019 besuchten, gab es tagtäglich Berichte von Angriffen in der Hauptstadt. Im Dezember wurden bei einem der blutigsten Angriffe der letzten Jahre mindestens 78 Menschen getötet und mindestens 125 verletzt.
2019 wurden fast 700.000 Menschen vertrieben
Im Jahr 2019 flohen in Somalia 188.000 Menschen vor der Gewalt und dem Konflikt aus ihrer Heimat, so die jüngsten Zahlen des Internal Displacement Monitoring Centres von NRC Flüchtlingshilfe. Weitere 479.000 wurden infolge von Dürren oder Überschwemmungen zur Flucht gezwungen. Insgesamt wurden 2,6 Millionen Somalierinnen und Somalier im eigenen Land vertrieben, womit Somalia zu den Ländern mit den meisten Binnenflüchtlingen der Welt zählt.
Die Folge ist ein enormer humanitärer Bedarf. Eine große Anzahl Menschen ist wegen der langjährigen Dürre in städtische Gebiete geflohen und viele von ihnen kommen in das Lager, in dem auch Mariam und ihre Familie Zuflucht gefunden haben. Es gibt selten genug humanitäre Hilfe und die wenigen verfügbaren Jobs sind hart umkämpft.
Probleme, die Kinder zur Schule zur schicken
Mariam arbeitet gelegentlich als Reinigungskraft. Daneben sammelt sie jeden verwertbaren Abfall und verkauft ihn. Ihr Ehemann Abdikadir hat keine Arbeit. Ohne Einkommen können die Kinder keine Schule besuchen. Mariam brachte ihre Kinder zur Schule, aber sie wurden weggeschickt, weil sie keine Schuluniform hatten.
„Ich möchte, dass meine Kinder zur Schule gehen, aber ich konnte mir die Schuluniformen bisher noch nicht leisten. Ich hoffe, dass wir etwas Unterstützung bekommen, damit sie zur Schule gehen können. Wenn nicht, spare ich, soviel ich kann, damit sie nach und nach alle gehen können. Aber es wird lange dauern, bis ich mir für alle eine Uniform leisten kann“, sagt sie.
Endlich in Sicherheit
Obwohl Mariam, ihr Mann und ihre sieben Kinder seit der Flucht aus ihrer Heimat Mogadischu kein leichtes Leben haben, zweifelt sie nicht daran, dass die Entscheidung richtig war.
„Wenn die Kinder zur Schule gingen, hatte ich Angst, dass sie bei Bombenangriffen verletzt werden könnten“, erinnert sie sich. „Wenn mein Mann zur Arbeit ging, machte ich mir Sorgen um ihn. Und wenn ich zum Markt ging, hatte ich Angst, selbst angegriffen zu werden.“
Seit ihrer Ankunft in Bosaso hat sie zum ersten Mal seit vielen Jahren keine Angst mehr.
„Jetzt kann ich mich endlich sicher fühlen. In Mogadischu lebte ich in ständiger Angst. Jeden Tag gab es Bombenangriffe. Jeden Tag kamen Menschen ums Leben. Wir flohen, weil wir Angst hatten“, schließt sie.