Zehntausende haben ihr Leben verloren, zwei Drittel der Bevölkerung sind zum Überleben von humanitärer Hilfe abhängig, und vier Millionen wurden vertrieben.
Der Anfang des Jahres 2022 war von einer dramatischen Eskalation des Konflikts geprägt. Allein im Januar gab es mehr zivile Opfer als im gesamten vorherigen Jahr. Fast jede Stunde wurde eine Person getötet oder verletzt.
Neben den täglichen Gefechten an der Frontlinie, Luftschlägen und grenzübergreifenden Angriffen wird der Konflikt auch auf wirtschaftlicher Ebene ausgefochten. Die verschiedenen Parteien versuchen, Rohstoffe, natürliche Ressourcen, Handelsströme, Steuern und Kraftstoffeinnahmen zu kontrollieren. Die Zivilbevölkerung ist davon unverhältnismäßig stark betroffen.
Infolgedessen fiel die jemenitische Währung Ende des Jahres im Süden auf ein nie da gewesenes Tief und löste damit einen Dominoeffekt auf das Leben der Menschen aus. Zusammen mit anderen Faktoren wie der Inflation und den steigenden Treibstoffpreisen bezahlen die Menschen in vielen Teilen des Landes nun erheblich mehr für Weizen, Propangas und Transportmittel. Die Menschen verdienen nicht mehr als vorher, haben aber für den täglichen Bedarf viel höhere Ausgaben.
Hier sind sieben Dinge, die sich für sieben Menschen in den letzten sieben Jahren verändert haben.
Diese Geschichte wurde ursprünglich am 22. März 2022 von Al Jazeera veröffentlicht.
Keine Zeit für die Schule
Fadhl Bakar, 13, trägt Feuerholz zu seinem Zelt. Er brach die Schule ab, als in seinem Dorf im Jahr 2016 ein Kampf ausbrach und ihn zwang, in ein anderes Dorf zu fliehen. Nun verbringt er den größten Teil seiner Zeit mit arbeiten, um seine Familie zu unterstützen.
Von Propan zu Feuerholz
Die dreifache Mutter Ghadam Salem kocht Kartoffeln und verkauft sie, um ein kleines Einkommen zu erzielen. Vor dem Krieg kochte sie mit Propangasflaschen. Das ist aber mittlerweile zu teuer. „Propangasflaschen sind mittlerweile etwas, das sich nur reiche Familien leisten können“, sagt Ghadam. „Feuerholz war früher umsonst, das ist es nun nicht mehr, aber es ist immer noch billiger als Gas.“
Wasser holen nach der Schule
Rahaf Saleh, 11, muss ihrer Familie in dem Lager, in dem sie lebt, bei den täglichen Erledigungen helfen. Das Wasserholen ist in den Flüchtlingslagern im Jemen oft Aufgabe der Frauen und Kinder. Vor oder nach der Schule muss sie schwere, bis zum Rand gefüllte Kanister heben und auf ihrem Esel nach Hause bringen. „Meiner Familie zu helfen, ist jetzt das Wichtigste für mich“, sagt sie.
Der Benzin-Schwarzmarkt
Mohammed Qaid, 20, verkauft Benzin in der Nähe einer geschlossenen Tankstelle in Taiz Benzin. Kraftstoffmangel ist im Jemen an der Tagesordnung und betrifft Autos, Krankenhausgeneratoren und Wasserpumpen. Auf dem Schwarzmarkt kann man Benzin für mehr als das Doppelte des offiziellen Preises verkaufen. „Vor dem Krieg habe ich studiert und hatte keine Ahnung von Benzin“, sagt Mohammed. „Es gab keinen Schwarzmarkt. Jetzt verkaufe ich es auf der Straße. Wenn die Tankstellen geschlossen sind, müssen die Menschen auf den Schwarzmarkt zurückgreifen, um ihre Autos und Motorräder aufzutanken.“
Haus gegen Zelt
Ameen Abadel, 35, hat fünf Kinder. Er baute sein Haus Stein für Stein. Das Haus hat drei Zimmer, eine Toilette, eine Küche und einen Garten. Die Familie musste es jedoch zurücklassen, als die Frontlinie ihrem Dorf näher rückte. Die Familie lebt nun in einem Zelt, ungeschützt vor Regen, Kälte, Wind, Schlangen und anderen Reptilien. „Anfangs dachten wir, das wäre nur vorübergehend. Dass wir bald in unser Haus zurückkehren würden“, sagt Ameen. „Aber es sieht nicht danach aus. Es sieht nicht danach aus, als wäre der Krieg bald vorbei.“
Vom Lehrer zum Straßenhändler
Mustafa*, 38, war Lehrer. Nun verkauft er auf dem Markt in Taiz Bananen. Laut Save the Children sind mehr als die Hälfte der Lehrkräfte im Jemen dazu gezwungen, eine zweite Einkommensquelle zu finden, da sie seit 2016 nicht mehr bezahlt werden. „Wer hätte gedacht, dass ich in meinem Leben mal an diesen Punkt kommen würde?“, fragt Mustafa. „Ich habe meine Schule verlassen und verkaufe stattdessen Bananen. Ich bin in einer üblen Lage und ich kann nichts tun. Aber vielleicht habe ich noch mehr Glück als andere Lehrkräfte, die immer noch auf ihr Gehalt warten?“
Mechaniker mit 13
Ahmed* ist 13. Er geht jeden Morgen zur Schule. Nachmittags und am Wochenende arbeitet er mit seinem Vater als Mechaniker. Das Geld, das er verdient, hilft seinem Vater, seine Ausbildung zu finanzieren.
*Namen zum Schutz der Identität geändert.