Ukraine: "Unermessliches Leid wurde bereits losgetreten."

Wir sehen vier Personen, die auf einen zerstörten Wohnblock blicken. Aber was gibt es sonst noch in dieser Szene, das wir nicht sehen können? Was wäre, wenn wir in diese rechteckigen Löcher hineinblicken könnten, die vor wenigen Tagen noch Fenster waren?

Wahrscheinlich würden wir Sofas, Fernseher und Betten sehen, bedeckt vom Staub der Explosion. Vielleicht würden wir Essen auf dem Tisch sehen, das darauf wartet, gegessen zu werden. Oder Spielsachen, die darauf warten, dass mit ihnen gespielt wird. Wem gehörten diese Dinge? Und wo sind diese Menschen jetzt?

Es ist Tag sieben des eskalierenden bewaffneten Konflikts in der Ukraine. Zivilistinnen und Zivilisten wurden verletzt, einige wurden getötet. Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt.

Unsere Bildschirme zeigen Bilder von Zerstörung, von auseinandergerissenen Familien und von Menschen auf der Flucht. Das Heulen der Luftschutzsirenen über den ukrainischen Städten hallt in unseren Ohren wider.

„Im Nebel dieses schrecklichen Krieges ist eins ganz klar: dass unermessliches Leid für Millionen von Zivilistinnen und Zivilisten bereits losgetreten wurde“, sagt Jan Egeland, Generalsekretär von NRC Flüchtlingshilfe.

„Hunderttausende werden zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen. Es wird Jahre dauern, alles wiederaufzubauen, was bereits zerstört wurde, und es wird jeden Tag schlimmer.“

Hier sind einige der bisher eindrücklichsten Bilder des Konflikts:

Foto: AP Photo/Emilio Morenatti/NTB

Am 24. Februar waren die Autobahnen voller Fahrzeuge, als die Menschen versuchten, die Hauptstadt Kiew zu verlassen.

Foto: AP Photo/Emilio Morenatti/NTB

Ein Paar küsst sich zum Abschied, bevor die Frau am 24. Februar in einen Bus steigt, um Kiew zu verlassen.

Bereits vor der jüngsten Eskalation waren nach acht Jahren Konflikt fast eine Million Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht – viele müssen jetzt ein weiteres Mal fliehen.

Foto: Peter Lazar/AFP/NTB

Eine Frau mit zwei Kindern und einem Arm voller Taschen, nachdem sie am 25. Februar die slowakisch-ukrainische Grenze überquert hat.

Am Sonntag, dem 27. Februar gab das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bekannt, dass mindestens 368.000 Menschen bereits in Nachbarländern wie Polen, Moldawien, die Slowakei und Rumänien Zuflucht gesucht haben.

Die EU kündigte daraufhin an, Geflüchteten aus der Ukraine in ihren Mitgliedsländern bis zu drei Jahre Schutz zu gewähren. Für alle, die ihre Heimat verlassen mussten und nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen, bedeutet das eine große Erleichterung.

 

Foto: AP Photo/Emilio Morenatti/NTB

Ein Gebäude in Kiew, das durch einen Raketenangriff beschädigt wurde.

Angriffe auf Gebäude können weitere Folgen auf die Infrastruktur haben, wie etwa Stromausfälle, Wasser- und Nahrungsmittelknappheit. NRC Flüchtlingshilfe ist vor Ort, prüft alle möglichen Szenarios und plant, wie Betroffene am besten mit Hilfe erreicht werden können.

Derzeit arbeiten wir an der Bereitstellung von Bargeldhilfe und Notunterkünften für Menschen auf der Flucht. Außerdem planen wir die Unterstützung von Flüchtenden, die in Nachbarländern ankommen.

„Die Zivilbevölkerung der Ukraine braucht jetzt Ihre Hilfe“, sagt Egeland, der die Ukraine erst vor drei Wochen besucht hat. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“