Stimmen somalischer Vertriebener

Somalia zählt zu den Ländern mit den meisten Vertriebenen weltweit. Über 2,6 Millionen Menschen wurden durch den Konflikt oder Dürren zur Flucht innerhalb des Landes gezwungen.

Häufig ist es eine Kombination von Konflikt und Dürre, die Menschen zur Flucht zwingt. Da die Sicherheitslage es für humanitäre Hilfsorganisationen unmöglich macht, die Menschen in vielen von der Dürre betroffenen Regionen zu erreichen, müssen die Menschen in die Städte fliehen, um dort Hilfe zu suchen.

Nur wenige wissen, dass dieses arme und kriegszerrüttete Land darüber hinaus auch noch über 30.000 Flüchtlinge aus den Nachbarländern aufgenommen hat – hauptsächlich aus Äthiopien und dem Jemen.

Viele somalische Geflüchtete kehren derzeit von anderen Orten in ihre Heimat zurück, obwohl das Land nach wie vor vom Krieg und einer anhaltenden Dürre heimgesucht wird, die nun bereits mehrere Jahre in Folge die Ernte vernichtet hat. Viele kehren nach fast einer ganzen Generation in Flüchtlingslagern in Kenia nach Hause zurück. Manche kommen zurück, weil sie sich nach ihrem Heimatland sehnen. Andere fühlen sich unter Druck gesetzt, da die kenianischen Behörden mit der Schließung der Flüchtlingslager drohen und die humanitäre Hilfe gekürzt wird.

Viele somalische Geflüchtete im Jemen werden infolge des zunehmend brutalen Bürgerkriegs erneut vertrieben. Die meisten können nicht in die Regionen in Somalia zurückkehren, aus denen sie gekommen sind, da die Sicherheitslage dort nach wie vor unzumutbar ist. Infolgedessen landen sie in Lagern mit anderen Vertriebenen, die in den letzten Jahren aus ihrer Heimat geflohen sind.

In der Stadt Baidoa hat sich die Bevölkerung aufgrund eines großen Zustroms von Menschen, die aufgrund von Konflikten und Dürre gezwungen waren, ihre Häuser zu verlassen, mehr als verdoppelt. NRC hat neue Brunnen gebohrt und transportiert Wasser zu Siedlungen, die keine eigene Wasserversorgung haben.

In der Stadt Baidoa hat sich die Bevölkerung aufgrund eines großen Zustroms von Menschen, die aufgrund von Konflikten und Dürre gezwungen waren, ihre Häuser zu verlassen, mehr als verdoppelt. NRC hat neue Brunnen gebohrt und transportiert Wasser zu Siedlungen, die keine eigene Wasserversorgung haben.

Hier sind die Geschichten einiger Binnenvertriebener und Flüchtlinge aus dem Jemen und Äthiopien, die in Somalia leben:

90 Jahre alt und vertrieben

Dahabo Maxamuud Faahiye ist 90 Jahre alt und lebt im Jilab-Lager außerhalb der Stadt Garowe in Puntland. Sie und ihre Familie waren Viehzüchter, vor drei Jahren verlor sie jedoch die meisten ihrer Tiere infolge einer lang anhaltenden Dürre. Sie sammelte in den Bergen Gras, um die verbliebenen Ziegen am Leben zu halten. Eines Tages fiel sie, brach sich einen Arm und ein Bein und musste lange ins Krankenhaus. Ihre Familie musste die übrigen Ziegen verkaufen, um die Krankenhausrechnung bezahlen zu können.

Ihr Sohn, Soldat bei den Streitkräften Somalias, unterstützte die Familie früher finanziell, aber nachdem er vor einem Jahr getötet wurde, hatte Dahabo kein Geld mehr, die Behandlung zu bezahlen. Ihre anderen Kinder sind Landwirte, die von der Dürre gleichermaßen betroffen waren.

Dahabo sah keine andere Möglichkeit, als in das Lager für Geflüchtete und Binnenvertriebene zu ziehen, in dem humanitäre Hilfsorganisationen Unterkünfte, medizinische Versorgung und Bildung bereitstellen. Sie lebt in dem Lager zusammen mit ihrer Tochter und ihrer Enkelin.

„Für meine Enkelin ist es sehr wichtig, dass sie die Möglichkeit hat, eine Schule zu besuchen. Ich möchte, dass sie eine Ausbildung bekommt.“

Sie ist dankbar für die Unterstützung ihrer Lagernachbarn. Sie hat von ihnen eine Gehhilfe bekommen, die sie dringend braucht, um sich mit ihrem gebrochenen Bein fortbewegen zu können.

Angst, dass die zurückgelassene Tochter getötet wurde

Farhiyo Iishaar Omar, 33, und ihre Familie flohen vor drei Jahren aus Kebri Dehar in der äthiopischen Region Ogaden, nachdem ihre Heimat von bewaffneten Männern angegriffen worden war. Zwei ihrer Onkel wurden direkt vor den Augen ihrer Kinder getötet.

Sie hatten keine Zeit, irgendetwas mitzunehmen, und flohen mit nichts als den Kleidern, die sie am Leib trugen. Da sie zur somalischen Bevölkerung in Äthiopien gehörten, entschlossen sie sich, ins benachbarte Somalia zu fliehen. Den größten Teil des Wegs mussten sie zu Fuß zurücklegen. Es dauerte fast drei Wochen, bis sie im Flüchtlingslager in Garowe ankamen.

Farhiyos älteste Tochter, die zu diesem Zeitpunkt 13 Jahre alt war, rannte weg, als das Haus angegriffen wurde. Die Familie konnte sie nicht finden, bevor sie fliehen mussten. Farhiyo kontaktierte Verwandte, die noch in Äthiopien leben. Sie glauben, dass ihre Tochter getötet wurde. Kurz nach dem Angriff wurde eine Leiche gesehen, die später verschwand. Farhiyo befürchtet, dass Löwen sich die Leiche ihrer Tochter geholt haben könnten.

Das Leben im Flüchtlingslager ist hart. Farhiyos Ehemann ist krank und kann die Familie nicht versorgen. Vor Kurzem kam mitten in der Nacht ein Mann mit einem Messer in ihre Hütte und griff sie an. Farhiyo war wach und stillte gerade ihren jüngsten Sohn, als er hereinkam. Sie ist nicht sicher, ob er sie vergewaltigen oder sie bestehlen wollte.

Als sie um Hilfe schrie, versuchte er, sie mit dem Messer in die Brust zu stechen. Es gelang ihr, sich zur Seite zu drehen, das Messer traf jedoch das Baby und es erlitt einen tiefen Schnitt am Arm.

Farhiyo zeigt die Armverletzung, die ihr Sohn Yasin vor anderthalb Jahren erlitten hat, als ein unbekannter Mann in die Hütte ihrer Familie einbrach und sie angriff.

Farhiyo zeigt die Armverletzung, die ihr Sohn Yasin vor anderthalb Jahren erlitten hat, als ein unbekannter Mann in die Hütte ihrer Familie einbrach und sie angriff.

Faiza, jetzt 7, war 4 Jahre alt, als sie zusammen mit ihrer Familie fliehen musste.

Faiza, jetzt 7, war 4 Jahre alt, als sie zusammen mit ihrer Familie fliehen musste.

Sabrin, 10, erinnert sich an die dramatische Flucht und den Verlust ihrer großen Schwester.

Sabrin, 10, erinnert sich an die dramatische Flucht und den Verlust ihrer großen Schwester.

Die schlimmste Dürre aller Zeiten

Ganun Abdirahman Abdi, 84, floh aufgrund des Konflikts und der Dürre mit fünf kleinen Kindern aus Duba Gass nach Baidoa. Seine Frau ist vor ein paar Jahren gestorben.

Ganun war früher Landwirt und baute Durra an, eine in Somalia weitverbreitete Getreidesorte, aber aufgrund der jahrelangen Dürre sind die Ernten viele Jahre in Folge gescheitert.

„Ich war mein ganzes Leben lang Bauer, aber die Dürre, die seit 2017 herrscht, ist die schlimmste, die ich je erlebt habe. Sogar noch schlimmer als die schwere Dürre von 2011“, sagt er.

Eigenes Vieh hatte er nicht, und nach den Missernten konnte er seine Kinder nicht mehr ernähren. Ohne Zugang zu Lebensmitteln und Trinkwasser hatte er keine andere Wahl, als mit seiner Familie nach Baidoa zu fliehen, wo sie humanitäre Hilfe bekommen konnten.

NRC hat Viehbewässerungsstationen gebaut, damit die Landwirte keine langen Strecken zurücklegen müssen, um Wasser zu holen, und nicht gezwungen sind, ihr Vieh zu schlachten.

NRC hat Viehbewässerungsstationen gebaut, damit die Landwirte keine langen Strecken zurücklegen müssen, um Wasser zu holen, und nicht gezwungen sind, ihr Vieh zu schlachten.


Krank und allein

Wie viele andere Somalierinnen und Somalier führte Qaali Mohamed Shire, 51, früher mit ihren Tieren ein Nomadenleben. Sie hatte Kamele, Ziegen und Schafe, die jedoch alle im Laufe der jahrelangen Dürre starben. In den letzten Jahren war das Leben für ihre Familie schwierig. Vor einem Jahr starb dann auch noch ihr Ehemann.

Dann wurde sie selbst schwer krank und konnte ihre sechs Kinder nicht mehr versorgen. Schweren Herzens ließ Qaali sie in der Obhut von Verwandten. Nun lebt sie allein im Jilab-Lager für Binnenflüchtlinge außerhalb von Garowe.

„Das Nomadenleben war nie leicht, aber die lang anhaltende Dürre in den letzten Jahren machte es noch viel schwerer. Das vergangene Jahr war am schlimmsten. Ich möchte nicht, dass meine Kinder weiterhin so leben müssen“, sagt Qaali.

Endlich in Sicherheit

Ihr Viertel in Mogadischu wurde von Granatwerfern angegriffen. Die Familie floh aus ihrem Zuhause und schaffte es, sich in Sicherheit zu bringen, bevor das Haus komplett zerstört wurde. Nach dem Angriff flohen Mariam Farah Hussein, 40, und ihre Familie aus der Hauptstadt. Wir trafen sie zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Bosaso im Norden Somalias.

„In Mogadischu lebte ich in ständiger Angst. Jeden Tag gab es Bombenangriffe. Jeden Tag kamen Menschen ums Leben. Wir flohen, weil wir Angst hatten.“

Mariam, ihr Ehemann und ihre sieben Kinder zogen in ein Zimmer in einem Flüchtlingslager außerhalb von Bosaso, das ihnen ein Freund zur Verfügung stellte. Ihr Freund, der schon zuvor aus Mogadischu geflohen war, überzeugte sie, in das Lager zu kommen, als sie zur Flucht gezwungen waren.

Die Reise aus der Hauptstadt war lang und anstrengend, aber Mariam bereut es nicht, ihr Zuhause zurückgelassen zu haben. Nun fühlt sie sich endlich sicher.

„Wenn die Kinder zur Schule gingen, hatte ich Angst, dass sie bei Bombenangriffen verletzt werden könnten. Wenn mein Mann zur Arbeit ging, machte ich mir Sorgen um ihn. Und wenn ich zum Markt ging, hatte ich Angst, selbst angegriffen zu werden.“

Ihre größte Sorge ist nun, ob ihre Kinder hier zur Schule gehen können. Als sie in die Schule vor Ort gingen, wurden sie nach Hause geschickt, weil sie keine Schuluniformen trugen. Mariams Mann hat bisher noch keine Arbeit gefunden, Mariam kann jedoch gelegentlich als Reinigungskraft arbeiten. Das Geld spart sie für die Uniformen, damit ihre Kinder zur Schule gehen können.

Aus einem Krieg in den nächsten

Vor viereinhalb Jahren floh der 46-jährige Ali Abdulah Alamody mit seiner Frau und den vier Kindern vor dem Bürgerkrieg im Jemen. Sie flohen in ein anderes Land, dass von einem Konflikt heimgesucht wurde, und landeten schließlich in einer der gefährlichsten Städte der Welt: Mogadischu.

„In Mogadischu hörte man ständig Explosionen und die Kinder hatten Angst. Wir waren von einem Krieg in den nächsten geflohen.“

Ali wurde als Kind schwer verletzt, wodurch er kaum in der Lage ist zu arbeiten. Infolgedessen war die Familie gezwungen, in Mogadischu auf der Straße zu betteln, um etwas Essen zu bekommen. Er ist den Somaliern, die ihnen trotz ihrer eigenen schwierigen Lage geholfen haben, sehr dankbar.

Vor zwei Jahren starb seine Frau an Krebs. Seitdem trägt er die Verantwortung für die vier Kinder allein. Dadurch wurde alles noch schwieriger. Vor einem Monat bekam er bei ihrer Ankunft in Bosaso endlich Unterstützung. Er hofft, dass die Familie hier bleiben kann und dass seine Kinder zum ersten Mal in ihrem Leben zur Schule gehen können.

Fatima, 8, träumt davon in die Schule zu gehen, jetzt da sie und ihre Familie in Bosaso Sicherheit gefunden haben.

Fatima, 8, träumt davon in die Schule zu gehen, jetzt da sie und ihre Familie in Bosaso Sicherheit gefunden haben.

Eins ist sicher: Ali will nicht in den Jemen zurück. Trotz all der Schwierigkeiten, die er in Somalia hat, hat er hier ein besseres Leben als im Jemen.


Flucht von Land zu Land für eine neue Zukunft

Shafici Ahmed Ali, 30, floh vor dem Bürgerkrieg im Jemen. Er war in Aden als Lehrer beschäftigt und er und seine Familie hatte ein gutes Leben, bis der Krieg begann. Die schweren Kämpfe zwangen sie jedoch, in die Hauptstadt Sana’a zu fliehen.

Shafici reiste nach Kenia und Tansania, in der Hoffnung, einen sicheren Ort zu finden, an dem er mit seiner Familie ein neues Leben beginnen konnte, er wurde jedoch von beiden Ländern in den Jemen zurückgeschickt. Nun hofft er, dass Somalia seiner Familie Sicherheit bieten kann. Aber nach den ersten Wochen im Land ist er nicht mehr so sicher.

Er lebt zusammen mit anderen Flüchtlingen aus dem Jemen in einem Aufnahmezentrum für Geflüchtete in Bosaso. Wenn er das Zentrum verlässt, fühlt er sich jedoch nicht sicher. Der sogenannte „Islamische Staat“ hat in der Region Puntland Fuß gefasst und die Einheimischen sind daher Arabern gegenüber skeptisch geworden, weil sie befürchten, es könnten Terroristen sein. Darüber hinaus ist es in einer Region, in der neben den Geflüchteten aus Nachbarländern auch viele Binnenflüchtlinge leben, nicht leicht, eine Arbeit zu finden.

Shafici beginnt zu zweifeln, ob er seiner Familie in Somalia eine sichere Zukunft bieten kann. Zudem hat sich der Bürgerkrieg im Jemen noch weiter verschärft und er sorgt sich um seine Frau und seine zwei Kinder, die nach wie vor in Sana’a sind. Nun hofft er, ein anderes afrikanisches Land zu finden, wo seine Familie in Sicherheit ist.

Flucht, um ihre Söhne zu retten

Faduma Abdinor Mohamed, 39, war mit ihrem jüngsten Sohn schwanger, als ihr Ehemann bei einem bewaffneten Angriff erschossen wurde. Zuvor war auch ihr Vater bei dem Konflikt ums Leben gekommen. Der bewaffnete Konflikt in Kombination mit der lang anhaltenden Dürre macht es für Faduma schwer, genug Futter und Wasser für ihre Tiere bereitzustellen. Auch für ihre Kinder findet sie kaum genug zu essen. Als einer ihrer Söhne schwer erkrankte, musste sie ihre letzten vier Ziegen verkaufen, um seine Medikamente bezahlen zu können.

Nachdem ihr Mann gestorben war, verdiente Faduma etwas Geld, indem sie für andere Bauern arbeitete. Als die Dürre jedoch schlimmer wurde, wurde es unmöglich, das Land zu bewirtschaften, und sie fand keine Arbeit mehr. Schließlich veranlassten sowohl der Konflikt als auch die lange Dürre sie dazu, mit ihren Kindern nach Baidoa zu fliehen, wo sie humanitäre Hilfe bekommen konnten.

„Wir haben viele Probleme und keine Familie, die uns helfen könnte. Gestern Abend haben wir von den anderen im Lager etwas zu essen bekommen, aber heute haben meine Kinder noch nichts gegessen. Ich habe nichts, was ich ihnen geben könnte“, seufzt Faduma.

Trotz aller Schwierigkeiten bereut Faduma es nicht, aus ihrem Dorf geflohen zu sein.

„In Somalia haben wir ein Sprichwort: ‚Eine Schlange passt sich an ihre Umgebung an.’ Ich möchte, dass meine Kinder zur Schule gehen und die Chance haben, ein anderes Leben zu führen als zu Hause in unserem Dorf, in dem es nichts als Krieg und Konflikt gab. Das ist der wichtigste Grund, warum wir geflohen sind“, sagt Faduma.

Rückkehr mit gemischten Gefühlen

Im Jahr 2011 floh der 40-jährige Mohamed Ibrahim Ahmed aufgrund der Dürre in Somalia aus seinem Dorf Roohoole im Distrikt Dinsor ins Dadaab-Flüchtlingslager in Kenia. An dem Tag, als er mit seiner Frau und seinen vier Kindern nach Somalia zurückkehrte, trafen wir ihn im Empfangszentrum für zurückgekehrte Flüchtlinge.

In dem Dorf, aus dem er geflohen ist, ist es nicht sicher, weshalb er bei Verwandten in Baidoa wohnen wird. Er kehrt in sein Heimatland zurück, während Somalia erneut von einer schweren Dürre heimgesucht wird, die Millionen Menschen zur Flucht gezwungen hat.

„Ich denke, es ist zu früh, um zurückzukehren, weil es in Somalia immer noch nicht sicher ist, und die Dürre macht es zusätzlich schwer. Aber in den letzten drei Jahren haben die kenianischen Behörden immer mehr Druck ausgeübt, dass wir zurückkehren, und es gab immer weniger Unterstützung.“

Nach Hause zu kommen erfüllt Mohamed mit vielen Emotionen. Einerseits ist er glücklich, wieder in seiner Heimat zu sein und seine Verwandten wiederzusehen, auf der anderen Seite ist er jedoch besorgt, was die Zukunft bringen mag und ob seine Familie in Sicherheit sein wird.

Eine Person, die sehr glücklich über die Rückkehr der Familie ist, ist sein 14-jähriger Neffe Abdi Bari. Er hat seinen Onkel zum letzten Mal als kleiner Junge gesehen und ist nun zum Empfangszentrum gekommen, um ihn zu begrüßen.

Abdi Bari, 14, gibt seinem Onkel eine große Umarmung, als er ihn zum ersten Mal in 8 Jahren wieder sieht.

Abdi Bari, 14, gibt seinem Onkel eine große Umarmung, als er ihn zum ersten Mal in 8 Jahren wieder sieht.

Der Krieg hat bleibende Narben hinterlassen

Nastelu Mohamed Elmi, 35, wurde schwer verletzt, als ihr Haus in Mogadischu im Jahr 2008 von einer Granate getroffen wurde. Sie verlor ein Auge und vier Finger ihrer linken Hand und ihre linke Schulter wurde ernstlich verletzt. Ihre Eltern wurden beide bei dem Angriff getötet.

Nach dem Angriff floh sie nach Bosaso im Norden Somalias, um dem Krieg in der Hauptstadt zu entkommen. Sie lebt mit ihren sechs Kindern in einem Lager für Binnenvertriebene. Seit ihr Mann sie verlassen hat, hat sie Probleme, ihre Familie zu ernähren. Wenn sie sich stark genug fühlt, nimmt sie Reinigungsjobs an, denn ihre Verletzungen verursachen solche Schmerzen, dass sie oft nicht arbeiten kann.

Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage kann sie es sich nicht leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Es belastet sie, dass ihre Kinder nicht die Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen, so wie sie es selbst als Kind tun konnte.

Wir treffen ihr siebenjährige Tochter Samia, die beim Spielen mit ihren Brüdern und Schwestern eine Pause macht.

„Ich habe viele Freunde, die auch hier im Lager leben. Wir haben Spaß und spielen miteinander. Aber alle meine Freunde gehen zur Schule und es ist traurig, dass ich nicht mit ihnen zur Schule gehen kann“, sagt Samia.

Blind in einem fremden Land

Elmi Dubat Alim, 77, floh vor drei Jahren vor dem bewaffneten Konflikt aus Äthiopien nach Bosaso in Somalia. Er leidet an einer schweren Augenkrankheit und ist mittlerweile vollkommen blind. Er lebt in einem Flüchtlingslager, in dem sowohl Geflüchtete aus Äthiopien als auch Binnenvertriebene leben.

Zwei Wochen, bevor wir ihn kennenlernten, war sein Haus niedergebrannt, nachdem Kinder in der Nachbarschaft mit Feuer gespielt hatten. Er lebt mit seiner Frau und zehn kleinen Kindern zusammen. Sein Bruder, der eine körperliche Behinderung hat und kaum laufen kann, wohnt ebenfalls bei ihnen. Er ist verzweifelt, da weder er noch sein Bruder das Haus wieder aufbauen können.

Elmi betet, dass sie Unterstützung von humanitären Hilfsorganisationen bekommen, um ein neues Haus bauen zu können. Aber da in letzter Zeit sehr viele Binnenflüchtlinge in diese Region gekommen sind, fürchtet er, dass es lange dauern könnte, bis sie Hilfe erhalten.

Ein Leben als Vertriebene

Die 56-jährige Faduma Jamac Diriye hat fast ihr ganzes bisheriges Leben als Vertriebene verbracht. Bis zum Beginn des Bürgerkriegs in den frühen 1990er Jahren arbeitete sie als Polizistin in der Hauptstadt Mogadischu. Dann war sie zur Flucht in die Region Puntland gezwungen. Sie lebte in mehreren Siedlungen für Flüchtlinge und Binnenvertriebene. Dreimal wurde sie von Landbesitzern von ihrem Land geworfen – eine Erfahrung, die Vertriebene in Somalia leider häufig machen müssen.

Nun ist sie Leiterin der Siedlung Ugbad außerhalb Bosasos und tut ihr Bestes, um den Menschen in dieser schweren Zeit extremer Dürre zu helfen. Ein Tankwagen bringt einmal wöchentlich Wasser ins Lager und Faduma kümmert sich darum, dass jede Familie ihren Teil abbekommt.

Eine alleinerziehende Mutter, die erst vor Kurzem aus Äthiopien eingetroffen ist, lobt Faduma und sagt, dass die Familie ohne sie nicht überlebt hätte. Dabei zeigt sie auf den Sack Reis, den sie von Faduma bekommen hat.

Fadumas größte Angst ist, dass sie wieder aus dem Lager, in dem sie leben, wieder hinausgeworfen werden. Daher besteht ihr großes Projekt darin, genug Geld zusammenzubringen, um das Land, auf dem das Lager sich befindet, zu kaufen. Sie zeigt uns mehrere Unternehmen, die sie gegründet hat, um genug Geld für den Kauf des Landes zu verdienen. Unter anderem stellt sie Wassertanks aus Beton her und flicht Körbe, die sie auf Märkten in der Umgebung verkauft. Die Hälfte der benötigten Summe hat sie so bereits aufbringen können. Sie betet zu Gott, dass es ihr auch noch gelingt, den Rest zu bekommen, damit sie nicht wieder hinausgeworfen werden.

Flucht vor dem Clan-Konflikt

Ibrahim Saleban, 40, hatte einen guten, sicheren Arbeitsplatz als Kfz-Mechaniker in der Nähe der äthiopischen Grenze in Somaliland, wo er mit seiner Frau Leila und ihren fünf Kindern lebte. Somaliland war von Krieg und Konflikt zwar weniger betroffen als der Rest Somalias, aber auch hier mussten Menschen fliehen.

Ibrahim sagt, dass zwischen zwei Clans ein Konflikt ausbrach. Der Konflikt zog sich über Monate hin, sowohl auf der somalischen als auch auf der äthiopischen Seite der Grenze. Obwohl er im Grunde nichts mit dem Konflikt zu tun hatte, begann er sich um die Sicherheit seiner Familie zu sorgen, nachdem in den letzten Monaten 100 Menschen getötet worden waren.

Er traf die schwere Entscheidung, seinen sicheren Job aufzugeben, und brachte seine Familie ins Flüchtlingslager in Garowe in der benachbarten Provinz Puntland. Er merkt, dass seine Kinder sich wieder sicher fühlen. Und das ist für ihn das Wichtigste.

Nadiiva, 5, lebt mit ihrer Familie im Geflüchteten-Camp am Rande von Garowe.

Nadiiva, 5, lebt mit ihrer Familie im Geflüchteten-Camp am Rande von Garowe.

(Diese Interviews wurden vor dem Ausbruch von Covid-19 geführt.)