Migrant*innen warten darauf, in das Migrations-Transitzentrum in Danli, Honduras, eingelassen zu werden. In den letzten drei Monaten sind 75.000 Menschen durch das Zentrum gekommen, um in Richtung Norden nach Sicherheit und einem besseren Leben zu suchen. Bildnachweis: Ed Prior/NRC Flüchtlingshilfe

Millionen von Menschen in Mittelamerika sind von kriegsähnlicher Gewalt betroffen

Veröffentlicht 24. Apr. 2023
Extreme Gewalt in Honduras, Guatemala und El Salvador zerreißt das Leben vieler Menschen und verschärft deren humanitäre Bedürfnisse. Fast jede dritte Person in Nord- und Zentralamerika benötigt dringend Hilfe. Die internationale Gemeinschaft ignoriert diese Krise weiterhin und versagt bei der Bereitstellung angemessener Finanzierung. Es droht eine weitere große, lang andauernde und vernachlässigte humanitäre Katastrophe, warnt NRC Flüchtlingshilfe.

„Die Geschichten, die mir die Menschen hier in Honduras erzählt haben, ähneln denen von Menschen in Kriegsgebieten wie Syrien, Jemen oder der Ukraine“, sagte Jan Egeland, Generalsekretär der NRC Flüchtlingshilfe, bei seinem Besuch im Land vergangene Woche. „Gewalt durchdringt das Leben und zwingt Zehntausende, ihre Heimat zu verlassen. Die Menschen brauchen Unterstützung und Schutz, damit sie ihre Rechte wahrnehmen und sicher und würdevoll leben können. Eine Schule in La Lima, die von NRC Flüchtlingshilfe unterstützt wird, hatte vor fünf Jahren 5.000 Schüler. Jetzt sind nur noch 1.200 davon übrig, weil Tausende aufgrund von Gewalt, den Folgen von Hurrikans und Armut die Schule abgebrochen oder in die USA geflohen sind.“

In Nord- und Zentralamerika entfachen stark bewaffnete Banden, Drogenhändler und transnationale kriminelle Organisationen allgemeine Korruption und geschlechterspezifische Gewalt. Verzweifelte Migrant*innen aus der Region – und aus so weit entfernten Ländern wie Afrika und Asien – durchqueren auch diese gefährlichen Gebiete auf der Suche nach Schutz und Möglichkeiten in Nordamerika. Tausend Migrant*innen aus Dutzenden von Ländern durchqueren jeden Tag Honduras, um Schutz und ein besseres Leben in Nordamerika zu suchen.

Darüber hinaus wird die Region zunehmend von den Auswirkungen des Klimawandels und extremen Wetterereignissen getroffen, welche die Lebensgrundlagen destabilisieren und den Zugang zu Ressourcen verringern. Allein in Honduras benötigen 3,2 Millionen Menschen Hilfe, viele sowohl Schutz als auch Nahrungsmittelhilfe.

Nord- und Zentralamerika haben eine der höchsten Mordraten der Welt. Die Krise manifestiert sich in der Zwangsvertreibung ganzer Gemeinden, der Rekrutierung von Kindern und jungen Menschen durch Gangs, einem Mangel an Zugang zur medizinischen Versorgung und einer großen Anzahl von Kindern, die die Schule abbrechen. Die Raten von sexueller Gewalt und Femizid liegen weltweit am höchsten.

Trotz des akuten und wachsenden humanitären Bedarf gab es im letzten Jahr eine stark unzureichende Finanzierung und Reaktionen auf die Krise. El Salvador, Guatemala und Honduras erhielten nur zwischen einem Viertel und der Hälfte der benötigten Beträge. 70 Prozent aller Finanzmittel für die Region im Jahr 2022 kamen aus den Vereinigten Staaten, was das Versagen anderer Geberländer in Europa, dem Golf und großen asiatischen Wirtschaftsmächten zeigt. Dieser Trend wird voraussichtlich durch 2023 fortsetzen.

Familien, denen NRC Flüchtlingshilfe bei der Umsiedlung, Unterstützung und dem Schutz in Honduras hilft, erzählten mir, wie bewaffnete Banden Gewalt einsetzen, um ihnen ihr Land und Eigentum zu abzunehmen und ihre Kinder zu rekrutieren. Dies zwang sie, ihre Häuser zu verlassen, beraubt sie ihrer Lebensgrundlage und der Bildung für ihre Kinder, sagte EgelandFrauen hatten schreckliche Gewalt zu Hause durchlebt, einschließlich Vergewaltigung und anderer sexueller Gewalt. Im letzten Jahr wurde in Honduras alle 28 Stunden eine Frau ermordet. Ohne verstärkte Aufmerksamkeit und Unterstützung für diese Krise wird sich nichts daran ändern.

Organisationen wie NRC Flüchtlingshilfe, als auch lokale und nationale Behörden haben Fortschritte gemacht, um Familien zu unterstützen, die gezwungen waren, ihre Häuser zu verlassen. Im März dieses Jahres führte Honduras ein Gesetz ein, um Binnenvertriebene zu unterstützen, Gewalt und Zwangsrekrutierung durch kriminelle Gruppierungen zu verhindern. Diese Gesetzgebung muss effektiv umgesetzt werden. Honduras sollte dafür finanzielle und diplomatische Unterstützung von der Außenwelt erhalten.

Es muss eine weit größere Anerkennung der Klimakrise, der Situation junger Menschen und der Gewalt geben, welcher die Menschen in Honduras und Zentralamerika ausgesetzt sind. Die Außenwelt hat bisher nicht in einer Weise auf diese Krise reagiert, die diesen menschlichen Kosten entspricht. Nur mit einem gemeinsamen Engagement vieler weiterer Geberländer wird es einen Fortschritt geben, welcher so dringend benötigt wird, fügte Egeland hinzu.

Fakten und Zahlen:

  • In der Teilregion benötigen 9,3 Millionen Menschen Hilfe, darunter 3,2 Millionen in Honduras, 5 Millionen in Guatemala und 1,1 Millionen in El Salvador.
  • Im Jahr 2022 verzeichnete El Salvador die weltweit geringste Finanzierung für den humanitären Hilfsplan, mit etwas mehr als einem Viertel finanziert. Honduras (43,6 %) und Guatemala (36,9 %) erhielten ebenfalls erschreckend niedrige Finanzierungen.
  • NRC Flüchtlingshilfe arbeitet seit 2014 in Nordamerika und unterstützt dort zehntausende von Menschen, die von Gewalt und Naturkatastrophen betroffen sind, einschließlich Binnenvertriebenen, Menschen, die internationalen Schutz benötigen, deportierten Personen und der örtlichen Gemeinschaft.

Hinweise für Redakteure:

  • B-Rollen Material von Jan Egeland's Besuch in Honduras ist hier kostenlos verfügbar
  • Fotos von Jan Egeland's Besuch in Honduras sind hier kostenlos verfügbar

Für weitere Informationen oder um Interviews zu arrangieren, wenden Sie sich bitte an:

  • NRC globale Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329
  • Ed Prior, Medienberater des Generalsekretärs, derzeit mit Jan Egeland in den USA, Ed.Prior@nrc.no, +47 902 94 379
  • Laura Ron, NRC Flüchtlingshilfe Advocacy- Koordinatorin in Nord- und Zentral Amerika, derzeit in Honduras, Laura.Ron@nrc.no +503 7853 0737