Foto: Ahmed Bayram

Grenzüberschreitende Feindseligkeiten verschärfen das Leid der krisengeschüttelten Bevölkerung und der Flüchtlinge im Libanon

Veröffentlicht 25. Apr. 2024
Die seit mehr als sechs Monaten andauernden Feindseligkeiten haben großes Leid über die Flüchtlinge und die Bevölkerung im Südlibanon gebracht.

Der anhaltende Konflikt in der Grenzregion wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus und wird durch die zahlreichen Krisen im Libanon weiter verstärkt, warnte Jan Egeland, Generalsekretär Norwegian Refugee Council (NRC), bei einem Besuch im Land.

Die Angriffe haben sich in den letzten 48 Stunden intensiviert, wobei mehrere Zivilisten im Südlibanon getötet und verletzt wurden. Bereits in den vergangenen sechs Monaten haben Offensiven über die südliche Grenze hinweg Zivilisten auf beiden Seiten in Mitleidenschaft gezogen, mehr als 90.000 Menschen aus südlibanesischen Dörfern vertrieben und mehr als 70 Zivilisten das Leben gekostet. Israelische Angriffe auf lokale Gemeinschaften haben Hunderte Hektar Ackerland beschädigt und damit die einzige Einkommensquelle der Bauern zerstört.

"Bei meiner Rückkehr in den Libanon habe ich im ganzen Land Gemeinschaften in Not vorgefunden. Der Konflikt im Gazastreifen und seine weitreichenden Folgen haben die Spannungen verschärft, die nun kurz vor der Implosion stehen. So kann es nicht weitergehen", sagte Egeland.

"Menschen, die auf der Suche nach Sicherheit aus ihren Dörfern im Süden fliehen, landen in überfüllten Unterkünften. Ihre Lebensgrundlagen wurden zerstört und wir haben unzureichende Mittel, um ihnen zu helfen. Es herrscht ein Gefühl der Verzweiflung. Mehr internationale Solidarität ist dringend notwendig, um die Zivilbevölkerung zu unterstützen, die zwischen die Fronten geraten ist."

Die Feindseligkeiten haben die tiefe Krise im Libanon noch verstärkt. Das Land ist seit vielen Jahren Zufluchtsort für Syrer, die vor dem Konflikt in ihrem Heimatland fliehen, sowie für palästinensische Flüchtlinge. Es beherbergt eine der größten Flüchtlingspopulationen der Welt. Seit Beginn der Wirtschaftskrise 2019 hat die Währung 90 Prozent ihres Wertes verloren. Dies hat die Widerstandsfähigkeit der Flüchtlinge und der lokalen Bevölkerung auf eine harte Probe gestellt. Die jüngsten Spannungen wurden durch Medienkampagnen, politische Äußerungen und diskriminierende Maßnahmen gegen Flüchtlinge weiter geschürt.

Die libanesische, syrische und palästinensische Bevölkerung ist von der Wirtschaftskrise stark mitgenommen. Hinzu kommt, dass die humanitäre Hilfe gekürzt wurde und das Leiden der schwächsten Bevölkerungsgruppen unter den Flüchtlingen und der libanesischen Bevölkerung nicht nachlässt. Weitere Kürzungen bei Nahrungsmitteln, medizinischer Hilfe, Wasser- und Sanitärversorgung für Familien, die bereits mit dem Nötigsten überleben, wurden angekündigt.

"Der Libanon braucht dringend internationale Unterstützung bei der Bewältigung seiner vielfältigen Krisen. Das Land hat sich seit Jahrzehnten im Vergleich zu anderen wohlhabenderen Ländern sehr großzügig bei der Aufnahme syrischer und palästinensischer Flüchtlinge gezeigt. Das Land darf bei der Bewältigung der humanitären Aufgaben nicht allein gelassen werden", fügte Egeland hinzu.

NRC fordert die Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um eine Eskalation zu verhindern und Frieden und Stabilität in der Region zu erreichen. Alle Seiten müssen das humanitäre Völkerrecht einhalten, willkürliche Angriffe vermeiden und die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur schützen.

"Wir fordern ein sofortiges Ende der Kämpfe. Die Menschen müssen in ihre Häuser und an ihre Arbeitsplätze, die Bauern auf ihr Land und die Kinder in ihre Schulen zurückkehren können. Familien und Kinder stehen im Zentrum dieser regionalen Krise. Es sind Gemeinschaften, die bereits viel gelitten haben und die notwendige Unterstützung erhalten müssen", so Egeland.

Notizen für die Redaktionen:

  • Mindestens 70 Zivilisten sind im Libanon getötet und Hunderte verletzt worden (OCHA). 
  • Das libanesische Pfund hat mehr als 90 Prozent seines Wertes verloren (Reuters).
  • Mehr als 90.000 Menschen wurden in überfüllte Notunterkünfte gebracht, viele Schulen und Krankenhäuser bleiben geschlossen (OCHA). 
  • 000 palästinensische Flüchtlinge im Libanon verlassen sich auf die UNRWA, wenn es um die Verteilung von Bargeld geht, um die Ernährungssicherheit zu verbessern und die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken (UNRWA). 
  • Mehr als die Hälfte der libanesischen Bevölkerung und über 90 Prozent der syrischen und palästinensischen Flüchtlinge leben unter der Armutsgrenze (World Bank) (Lebanon crisis response plan).
  • Die Flüchtlinge im Libanon sind mit einer Kürzung der Hilfe konfrontiert. (UNHCR)
  • NRC leistet Hilfe für Familien im Südlibanon, in Beirut und im Libanongebirge, die durch Feindseligkeiten an der Grenze zu Israel vertrieben wurden. NRC versorgt Menschen, die in den Grenzgebieten geblieben sind, mit Lebensmittelpaketen und Bargeld.

Für weitere Informationen oder um ein Interview zu vereinbaren, wenden Sie sich bitte an:

  • Ahmed Bayram, MENA Media Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Amman, derzeit im Libanon mit Egeland: ahmed.bayram@nrc.no, +962 79 0160147 .
  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Berlin: zoemarie.lodzik@nrc-hilft.de, +49 (0) 151 578 60663.
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329.