„Bei meinem erneuten Besuch in Syrien sehe ich Tausende von Familien, die aus dem Inland und aus Nachbarländern in ihre ursprünglichen Gemeinden zurückkehren. Das sind Menschen, die nach einem Jahrzehnt des Elends voller Ideen und Hoffnung sind. Unglaublicherweise gibt es jedoch kaum Unterstützung, um den Menschen beim Wiederaufbau ihres Lebens, ihrer Häuser und ihrer Existenzgrundlagen zu helfen, nachdem jahrelang in Nothilfemaßnahmen investiert wurde, als eine Rückkehr nur ein Traum war. Die internationale Gemeinschaft darf die Syrer*innen jetzt, wo der Wiederaufbau so greifbar nahe ist, nicht im Stich lassen“, sagt Egeland.
„Im ganzen Land erstreckt sich die Zerstörung so weit das Auge reicht. Ich habe Familien getroffen, die aus Vertriebenenlagern zurückgekehrt sind und nichts mehr von ihren Häusern vorgefunden haben: keine Wände oder Türen, keinen Strom, kein sauberes Wasser und keine Arbeit, um die Reparaturen bezahlen zu können. So kann man nicht zurückkehren, und so kann Syrien nicht wieder aufgebaut werden. Dies ist der Moment, auf den wir alle so lange gewartet haben: Wir können die Syrer*innen nun mit Hilfe und Investitionen beim Wiederaufbau von Häusern, Schulen, Krankenhäusern und Straßen unterstützen. Wir dürfen sie jetzt nicht im Stich lassen.“
Da mehr als 800.000 Menschen die Lager in ganz Syrien verlassen haben, um in ihre Heimat zurückzukehren, hat der Druck auf die Rückkehrgebiete dramatisch zugenommen. Einschätzungen des NRC zeigen, dass die Menschen in großflächig zerstörte Infrastruktur, ohne grundlegende Dienstleistungen wie Bildung und Stromversorgung und in Streitigkeiten über Wohneigentum zurückkehren. Der daraus resultierende Wettbewerb um Ressourcen hat zu lokalen Konflikten zwischen den Mitgliedern der Dorf- und Stadtgemeinden beigetragen. Die lokalen Spannungen werden durch die unzureichenden Dienstleistungen für diejenigen, die versuchen, ihr Leben wieder aufzubauen, noch verschärft.
„Millionen von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen könnten in ihre ursprünglichen Heimatländer zurückkehren. Sie werden dies jedoch nicht tun, wenn es keine Unterstützung für den Wiederaufbau von Häusern, Schulen, Kliniken oder der Wasser- und Stromversorgung gibt“, sagt Egeland.
„Die Vertriebenen, die ich in Lagern in Idlib getroffen habe, sagten, sie sehnten sich nach dem Tag, an dem sie in ihre Gemeinden zurückkehren können. Sie fragten: ‚Warum könnt ihr uns nicht beim Wiederaufbau helfen?‘ Ich denke, dass Europa, die Vereinigten Staaten und die Golfstaaten einen enormen strategischen Fehler begehen würden, wenn sie jetzt nicht in die Lösung einer der größten Flüchtlings- und Vertreibungskrisen der Welt investieren würden. Wir von NRC haben bewiesen, dass wir Gemeinden für diejenigen wiederaufbauen können, die aus den Lagern in Syrien und aus dem Ausland zurückkehren. Aber wir waren überrascht, wie schwer es ist, Finanzmittel für diese dauerhaften Lösungen zu finden.“
Während einige Syrer*innen sich dafür entscheiden, aus den Vertreibungsgebieten und Nachbarländern zurückzukehren, sind andere dazu nicht bereit oder nicht in der Lage. Fundierte und freiwillige Entscheidungen werden für die Zukunft der Menschen und ihre Integrationsfähigkeit an ihrem Aufenthaltsort von entscheidender Bedeutung sein. Die Aufnahmeländer, die seit über einem Jahrzehnt die Verantwortung für Millionen Syrer*innen tragen, müssen unterstützt werden, damit sich die Bedingungen nicht weiter verschlechtern oder Kürzungen der Hilfsgelder die Menschen nicht zu einer vorzeitigen Rückkehr zwingen.
Die jüngsten Feindseligkeiten und Ausbrüche schrecklicher lokaler Gewalt haben an einigen Orten zu neuen Vertreibungen geführt. In Sweida im Süden des Landes haben die jüngsten Kämpfe 192.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben, die meisten davon in das benachbarte Dara'a, aber auch bis nach Idlib. NRC-Teams berichteten von dringendem Bedarf an Unterkünften, sauberem Wasser, medizinischer Versorgung und Nahrungsmitteln.
„Die jüngste Vertreibungsnotlage im Süden erinnert uns auf drastische Weise daran, dass Sicherheitsgarantien und der Schutz aller Gemeinschaften im Mittelpunkt aller Wiederaufbaumaßnahmen stehen müssen. Die Menschen flohen, als ihre Häuser niedergebrannt wurden, und einige suchten Zuflucht in Lagern 400 Kilometer entfernt im Norden“, sagt Egeland.
NRC fordert Geber*innen dringend auf, in langfristige Wiederaufbauprojekte zu investieren, darunter den Wiederaufbau der zivilen Infrastruktur und von Wohnhäusern.
Hinweise für die Redaktionen:
- Vom 8. Dezember bis zum 18. August 2025 sind fast 2,5 Millionen Syrer*innen innerhalb und außerhalb des Landes in ihre Heimat zurückgekehrt. Davon sind 779.473 aus dem Ausland zurückgekehrt. Darüber hinaus kehrten seit dem 8. Dezember 1,7 Millionen Binnenvertriebene in ihre Heimat zurück, darunter mehr als 800.000 aus Binnenvertriebenenlagern (UNHCR).
- Seit Beginn der Zusammenstöße in Sweida sind fast 192.000 Menschen innerhalb des Landes vertrieben worden (UNICEF).
- NRC ist landesweit tätig, um allen Gemeinschaften Unterkünfte, Wasser und sanitäre Einrichtungen, Bildung, Lebensgrundlagen und rechtliche Unterstützung zu bieten.
- Von den 3,2 Milliarden US-Dollar (ca. 2,7 Milliarden Euro), die für humanitäre Hilfe in Syrien bis 2025 benötigt werden, sind nur 414 Millionen (ca. 354 Millionen Euro) finanziert. (OCHA Financial Tracker)
- Fotos und B-Roll-Material stehen hier zur freien Verwendung zur Verfügung.
Für weitere Informationen oder um ein Interview zu vereinbaren, wenden Sie sich bitte an:
- Ahmed Bayram, MENA Media Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Amman: ahmed.bayram@nrc.no, +962 790 160 147
- Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Deutschland: zoemarie.lodzik@nrc-hilft.de, +49 151 578 60663
- NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329