Wiederaufbau im Osten Libyens

Herr Rafe tritt aus seinem Haus in Shahat. Foto: Zakaria Awn/NRC
In Shahat im Osten Libyens weht der Wind oft Staub durch die engen Gassen und über die Hügel des Grünen Berges, der auch als Jebel Akhdar bekannt ist. In der Ferne ragen die alten Ruinen von Cyrene mit ihren hohen Säulen und Steinmauern aus der Antike über der Stadt empor. Um sie herum arbeiten Familien hart daran, ihr Leben nach Jahren des Konflikts, wirtschaftlicher Not und den verheerenden Überschwemmungen von 2023 wieder aufzubauen. Viele Häuser wurden dabei beschädigt, wodurch Familien ihre Heimat verloren und dringend Hilfe benötigen. Als Reaktion auf diese Katastrophe nahm der Norwegian Refugee Council (NRC) seine Arbeit in Shahat auf.
Veröffentlicht 21. Nov. 2025
Afrika Libyen

Das Leben in Shahat

Für die Familie Rafe war das Leben eine ständige Herausforderung. Sie besaßen ein unfertiges Haus am Rande der Stadt. Es stand mit rohen, grauen Wänden da, ohne Fenster oder Türen, die den Wind abhalten konnten. Auch der Boden im Inneren war noch nicht fertig – ein Wunsch nach Stabilität, der auf seine Verwirklichung wartete.

Landschaftsansicht von Shahat nach den Überschwemmungen von 2023. Foto: Mohamed Alfahd/NRC

Die Suche nach Stabilität 

Mit drei kleinen Kindern unter vier Jahren mietete die Familie eine kleine Wohnung – in der Hoffnung, dort Sicherheit und Stabilität zu finden. Doch als Herr Rafe erkrankte, änderte sich alles. Die medizinischen Kosten stiegen, die Ersparnisse schrumpften und bald konnten sie sich die Miete nicht mehr leisten.  

Die Familie zog zu Rafes Eltern und teilte sich nun mit drei Generationen kleine Zimmer. Das Haus war bescheiden und das, was ursprünglich als vorübergehende Zuflucht gedacht war, wurde schnell zur Belastung. Zu viele Menschen lebten unter einem Dach, ohne Privatsphäre und mit einer ständigen Erinnerung an das, was sie verloren hatten. Für die Kinder war diese Unsicherheit verwirrend. Für die Eltern war es herzzerreißend.  

Währenddessen geht das Leben in Shahat weiter: Kinder gehen zur Schule, Bäume wiegen sich im Wind und der Ruf zum Gebet hallt durch das Tal. Doch für diese Familie bleibt jeder Tag ein Kampf um Stabilität, um den Wiederaufbau dessen, was verloren gegangen ist, und um die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. 

Das Innere des unfertigen Hauses der Familie. Foto: NRC

Das unfertige Haus

Inmitten dieser ganzen Unsicherheit gab es eine Hoffnung: das unfertige Haus. Obwohl es noch nicht fertiggestellt war, stand es als Symbol für das, wovon die Familie einst geträumt hatte: Sicherheit und Stabilität.  

Diese Hoffnung begann Gestalt anzunehmen, als das Sozialministerium in Shahat die Situation der Familie an das NRC weiterleitete. Seit Oktober 2024 hilft das Ministerium Familien dabei, Kontakt zu Organisationen aufzunehmen, die in der Region verschiedene Formen von Unterstützung anbieten. Als sich der Gesundheitszustand von Herrn Rafe und seine Lebensbedingungen verschlechterten, wurde sein Fall zur Prüfung an NRC weitergeleitet. 

Nach der Besichtigung des Geländes stellten die Ingenieur*innen von NRC fest, dass das Haus nur eine Hülle war – mit rohen Betonwänden, ohne Fenster und Türen und ohne funktionierende Sanitär- oder Elektroinstallationen. 

Daraufhin schaltete sich NRC mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein. Das Unterkunfts-Team führte die notwendigen Ausbauarbeiten durch, installierte Türen und Fenster, verlegte Fußböden und übernahm Sanitär-, Fliesen- sowie Elektroarbeiten. 

Ein Mitarbeiter des NRC begutachtet das Haus der Familie. Foto: NRC

Mehr als nur Ziegelsteine

Als die Arbeiten abgeschlossen waren, war die Veränderung bemerkenswert.  

„Dieses Haus ist nicht nur ein Gebäude, es ist unser Zufluchtsort“, so Herr Rafe. „Es ist ein Ort, an dem meine Kinder in Sicherheit aufwachsen, und es schenkt uns Hoffnung in der schwersten Zeit unseres Lebens.“  

Zum ersten Mal seit Jahren konnte die Familie wieder durchatmen. Die Kinder hatten Platz zum Spielen und ihre Eltern fanden Frieden im Wissen, dass sie ihren Kindern endlich wieder Sicherheit und Geborgenheit bieten konnten. Was einst ein leeres Gebäude war, wurde nun zu einem Zuhause.

Herr Rafe und seine Tochter stehen vor der Tür ihres Hauses. Foto: Zakaria Awn/NRC

Nachhaltige Lösungen

Im Osten Libyens, wo viele Familien weiterhin mit Unsicherheit konfrontiert sind, bedeutet die Fertigstellung dieses Hauses weit mehr als nur Ziegel und Mörtel. Sie ist ein Beweis dafür, dass selbst in den dunkelsten Zeiten Hoffnung wieder aufgebaut werden kann – eine Tür, ein Fenster, ein sicheres Zuhause nach dem anderen.  

Diese Initiative ist Teil des umfassenden Unterkunftsprogramms des NRC. Durch die Partnerschaft mit dem BMZ über die KfW werden nachhaltige Wohnlösungen für besonders schutzbedürftige Familien in ganz Libyen ermöglicht.

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