Neun der zehn vergessenen Krisenländer liegen in Afrika

Veröffentlicht 10. Jun 2020
Kamerun, die Demokratische Republik Kongo und Burkina Faso sind die am meisten vernachlässigten Krisen der Welt, so die jährliche Liste der vergessenen Krisen, die NRC Flüchtlingshilfe heute veröffentlicht.

„Die tiefen Krisen, von denen Millionen vertriebene Afrikanerinnen und Afrikaner zeugen, sind im vergangenen Jahr wieder einmal weltweit am schlechtesten finanziert, ignoriert und übergangen worden. Sie leiden unter diplomatischer und politischer Lähmung, unzureichenden Hilfsmaßnahmen und geringer Aufmerksamkeit durch die Medien. Trotz eines Tornados von Notfällen stoßen ihre Hilferufe auf taube Ohren“, sagt Jan Egeland, Generalsekretär von NRC Flüchtlingshilfe.

Die humanitären Krisen in diesen Ländern werden sich im Laufe des Jahres 2020 voraussichtlich weiter verschärfen. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die weltweite Coronavirus-Pandemie, die Millionen von Menschen in eine noch größere Notlage bringt.

„Covid-19 breitet sich in ganz Afrika aus und für viele der am wenigsten beachteten Bevölkerungsgruppen sind die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie bereits jetzt verheerend. Wir brauchen die Solidarität mit diesen konfliktgeplagten Gemeinden jetzt dringender denn je, damit das Virus die unzähligen Krisen, mit denen diese Menschen ohnehin schon konfrontiert sind, nicht noch unerträglicher macht“, sagt Egeland.

Das zweite Jahr in Folge steht Kamerun ganz oben auf der Liste der im Jahr 2019 am meisten vernachlässigten Krisen. Drei verschiedene Krisen schütteln die afrikanische Nation: eine Verschärfung der Boko-Haram-Angriffe im Norden, ein gewalttätiger Konflikt im englischsprachigen Westen und die zentralafrikanische Flüchtlingskrise. Erfolglose Konfliktlösungsversuche, ein weltweites Schweigen der Medien und ein massives Defizit an Hilfsgeldern trugen dazu bei, dass das Land die diesjährige Liste anführt.

Auf Kamerun folgen die Demokratische Republik Kongo, Burkina Faso, Burundi, Venezuela, Mali, Südsudan, Nigeria, die Zentralafrikanische Republik und Niger.

Die Sahelzone in Afrika stand in diesem Jahr ganz oben auf der Liste, denn Burkina Faso, Mali, Nigeria und Niger waren alle Leidtragende der extremen Gewalt, die die Region heimsucht, und gleichzeitig war die humanitäre Hilfe massiv unterfinanziert. Niger und Burkina Faso tauchten zum ersten Mal auf der Liste auf.

Die Liste der vergessenen Krisen basiert auf einer Bewertung von über 40 Flüchtlingskrisen, die nach drei Kriterien beurteilt wurden: mangelnder politischer Wille, mangelnde Medienpräsenz und politische und diplomatische Vernachlässigung. Kamerun erzielte in allen drei Punkten einen hohen Wert, dicht gefolgt von der Demokratischen Republik Kongo und Burkina Faso – zwei weiteren Krisen, bei denen der Mangel an öffentlicher Aufmerksamkeit zu einem Mangel an Finanzmitteln für humanitäre Hilfsmaßnahmen beigetragen hat.