NRC Generalsekretär Jan Egeland besuchte neulich den Jemen. Hier besucht er die Muhamasheen Gemeinde in Amran. Foto: Michelle Delaney / NRC

Sechs Jahre Konflikt im Jemen: Fast 700.000 Menschen werden in diesem Jahr voraussichtlich aus ihrer Heimat fliehen

Veröffentlicht 26. Mrz 2021
Nun da die schlimmste humanitäre Krise der Welt in ihr siebtes Jahr geht, könnten nach Prognosen der Vereinten Nationen bis Ende 2021 weitere 672.000 Menschen vertrieben werden, wenn das derzeitige Ausmaß der Gewalt anhält. In diesem Jahr wurden bereits 834 Häuser der Zivilbevölkerung von Waffengewalt getroffen.

"Die Jemeniten haben sechs Jahre lang leere Versprechen von führenden Politikern aus aller Welt vertragen müssen, von denen viele die Flammen dieses Krieges weiter anfachen. Es muss jetzt entschieden gehandelt werden, um den unerbittlichen Countdown hin zu einer vollkommen vermeidbaren Hungersnot zu stoppen", sagte Jan Egeland, Generalsekretär des Norwegian Refugee Council (NRC). "Die Jemeniten brauchen drei Dinge, um diesem Albtraum ein Ende zu setzen: einen Waffenstillstand zur Verhinderung der Hungersnot, eine Verdoppelung der Hilfsgelder und die Wiederaufnahme der Friedensgespräche."  

Sechs Jahre Krieg haben verheerende Auswirkungen auf die Menschen, die Wirtschaft und die Entwicklung im Jemen. Sie haben die Entwicklung des Landes um 21 Jahre zurückgeworfen und eine Generation ihrer Zukunft beraubt. Wenn der Konflikt weitergeht, müssen die Jemeniten, die bereits jetzt mit einer extremen humanitären Krise konfrontiert sind, mit einer weiteren Verschlechterung ihrer Situation rechnen. 

Während das Land in das siebte Konfliktjahr eintritt, warnt NRC, dass der Jemen wieder in einen ausgewachsenen Krieg abgleiten könnte. Das Aufflammen des Konflikts in MaribHodeidahTaiz und Hajjah führt zu Vertreibungen, massenhaften Opfern unter der Zivilbevölkerung und fortgesetzten Angriffen auf Häuser, Bauernhöfe, Krankenhäuser und Schulen. 

"Vor dem Krieg genossen wir ein komfortables Leben und hatten drei Mahlzeiten am Tag. Wie hätte ich bleiben können, wenn ständig Kugeln über unseren Köpfen flogen? Es ist eine Frontlinie", sagte Ali Ali Ayyash, ein vertriebener Vater aus Hodeidah. 

Bis 2019 hat der bewaffnete Konflikt fast eine Viertelmillion Menschen getötet, entweder direkt durch die Feindseligkeiten oder indirekt durch die unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und Infrastruktur, so eine unabhängige Analyse. Allein im Jahr 2020 wurden schätzungsweise 2.087 Zivilisten getötet oder verletzt, wobei ein erhöhter Anteil davon Frauen und Kinder waren. 

"Als ich Anfang des Monats den Jemen besuchte, war ich zutiefst schockiert, wie unmenschlich die Situation nach sechs langen Kriegsjahren geworden ist. Der Konflikt ist die Quelle endlosen Leids für die Jemeniten und muss ausgelöscht werden", sagte Egeland.