Frauen von Arbeit in Hilfsorganisationen suspendiert

Veröffentlicht 09. Jan 2023
Vier der größten internationalen Hilfsorganisationen, die in Afghanistan tätig sind, warnten am Donnerstag, dass das Leben von Frauen und Kindern in Gefahr sei, wenn die De-facto-Behörden ein Verbot von weiblichen Mitarbeitenden im Land nicht sofort rückgängig machen.

Nach der Ankündigung am 24. Dezember haben die NRC Flüchtlingshilfe, Save the Children, World Vision International und CARE International alle ihre Operationen in Afghanistan vorübergehend eingestellt und erklärt, dass sie die Millionen von notleidenden Kindern, Frauen und Männern nicht erreichen können ohne die Assistenz von ihren weiblichen Mitarbeitenden.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten die vier internationalen Nichtregierungsorganisationen eine sofortige Aufhebung des Verbots, welches eine Woche nach dem Verbot des Universitätsbesuchs für Frauen verhängt wurde. Frauen sind bereits von weiterführenden Schulen ausgeschlossen und wurden schon im November aus öffentlichen Parks, Turnhallen und Bädern verbannt.

Neueste Daten zeigen, dass etwa 28 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung – darunter 14 Millionen Kinder, in Afghanistan humanitäre Hilfe benötigen. Etwa 97 % der Menschen könnten dieses Jahr unter die Armutsgrenze fallen. Über 1,1 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt.

Inger Ashing, CEO von Save the Children, erklärte, ihre Organisation habe 73.000 lebensbedrohlich unterernährte Kinder und 30.000 Frauen über mobile Kliniken behandelt. Diese Leben seien nun ohne weibliches medizinisches Personal in Gefahr.

Sie sagte weiterhin, Save the Children habe insgesamt 2.490 Frauen in einem Personalstab von insgesamt 5.700 und arbeite seit 40 Jahren im Land. Seit der Machtübernahme der De-facto-Behörden im August 2021 hat Save the Children fast 4 Millionen Menschen geholfen, darunter 2 Millionen Kinder.

„Das Tragische ist, dass diese Entscheidung zu einer Zeit kommt, zu der afghanische Frauen, Männer und Kinder mit einer der größten humanitären Krisen der Welt konfrontiert sind, denn es verbreitet sich gerade der Hunger. Afghanistan steht vor der schlimmsten Nahrungsmittelkrise seit jeher, mit 6 Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot.“

„Dies ist keine einfache Wahl. Ohne unsere Kolleginnen können wir unsere lebensrettende Unterstützung einfach nicht leisten. Wenn wir nicht mit unseren Programmen fortfahren können, werden Kinder sterben … so ernst ist die Situation“, sagte Ashing auf der online Pressekonferenz.

World Vision International arbeitet seit 21 Jahren in Afghanistan. Die Organisation hat sechs Millionen Menschen unterstützt, davon drei Millionen Kinder.

Andrew Morley, Präsident und CEO von World Vision International, sagte:

„Weibliche Mitarbeitende sind für uns von entscheidender Bedeutung, um prinzipientreue humanitäre Hilfe leisten zu können. Sie sind Krankenschwestern, Ärztinnen, Lehrerinnen, Ernährungsexpertinnen, Teamleiterinnen und Gesundheitsexpertinnen. Unsere Aufgabe ist es, Leben zu retten und eine bessere Zukunft für Kinder in Afghanistan zu schaffen. Dies erfordert volles Engagement und Führung, ausgehend von unseren Kolleginnen.”

„Wir stehen den Kindern Afghanistans seit mehr als zwei Jahrzehnten bei so vielen Herausforderungen zur Seite. Wir müssen schnell eine Lösung finden, damit unsere Kolleginnen weiterhin das Leben von Mädchen und Frauen bereichern können. Sie verdienen nichts Geringeres.“

CARE International beschäftigt 38 % Frauen in einem Personalstab von insgesamt 900, verteilt in 9 afghanischen Provinzen. CARE begann 1961 in Afghanistan zu arbeiten.

Die Generalsekretärin von CARE International, Sofia Sprechmann Sinerio, sagte auf der Pressekonferenz:

„Frauen und Mädchen sind bereits diejenigen, die am wenigsten und zuletzt essen, zu einer Zeit, in der geschätzte 6 Millionen Menschen in Afghanistan kurz vor einer Hungersnot stehen. Man stelle sich vor, welche Auswirkungen diese jüngste verheerende Entscheidung auf eine Bevölkerung haben wird, die bereits in einer extrem schweren Situation steckt. Die Frauen in humanitären Organisationen gehören zu den effektivsten Hilfskräften der Welt; Sie sind ein nicht verhandelbarer Teil unserer Leistungen, die nicht für Diskriminierung benutzt werden dürfen.“

NRC Flüchtlingshilfe beschäftigt derzeit 469 Frauen in einem Personalstab von insgesamt 1.541 in Afghanistan. Seit dem 15. August 2021 haben NRC-Teams über 870.000 vertriebene Menschen in 18 Provinzen unterstützt. Notfallmaßnahmen strecken sich von Hilfe bei Überschwemmungen, Erdbeben und Dürren, bis über Bildung, Unterkünften, Rechtshilfe und Schutz, bis hin zu Lebensunterhalt, Ernährungssicherung und sauberem Wasser. In diesem Jahr hat NRC Flüchtlingshilfe 3.700 Familien dabei geholfen, sich auf den Winter vorzubereiten. Diese lebensrettenden Schutzmaßnahmen werden nun aufgrund des Verbots ausgesetzt.

Adam Combs, Regionaldirektor von NRC Flüchtlingshilfe in Afghanistan, erklärte:

„Wir können ohne unsere weiblichen Mitarbeitenden nicht funktionieren; sie sind ein wesentlicher Bestandteil unserer humanitären Hilfe und machen ungefähr ein Drittel unseres Personals aus. Wir brauchen ungehinderten Zugang für Männer und Frauen zu unserer Arbeit.“