Beladene Lastwagen in Torkham: Tausende Rückkehrende machen sich von Pakistan aus auf den Weg nach Afghanistan. Foto: Maisam Shafiey/NRC Flüchtlingshilfe

Afghanistan: Staatsangehörige, die nach dem Ausweisungsbeschluss aus Pakistan zurückkehren, haben keinen Schutz

Veröffentlicht 02. Nov. 2023|Bearbeitet 07. Nov. 2023
NRC Flüchtlingshilfe, die Dänische Flüchtlingshilfe (DRC) und IRC Deutschland warnen vor der rasch ansteigenden Zahl der aus Pakistan zurückkehrenden Afghanischen Staatsangehörigen und fordern die internationalen Geber auf, zusätzliche humanitäre Mittel zu mobilisieren, um den Bedarf dieser Menschen zu decken und eine neue Krise zu vermeiden. Darüber hinaus rufen die drei Organisationen die Nachbarländer dazu auf, allen gefährdeten afghanischen Flüchtlingen weiterhin Schutz und Zuflucht zu gewähren, bis die Bedingungen in ihrem Heimatland eine sichere, dauerhafte und freiwillige Rückkehr zulassen.

Die Hilfsorganisationen NRC, DRC und IRC haben einen dramatischen Anstieg der Anzahl von Menschen beobachtet, die aus Pakistan nach Afghanistan zurückkehren, seit Pakistan angekündigt hat, dass alle afghanischen Staatsangehörigen ohne Papiere das Land bis zum 1. November verlassen müssen oder abgeschoben werden. Die tägliche Zahl der Ankommenden, die jetzt zwischen 9.000 und 10.000 Personen liegt, steht in krassem Gegensatz zu dem früheren Durchschnitt von etwa 300 Personen pro Tag vor der Ankündigung am 15. September 2023. Bis zu 1,7 Millionen Menschen könnten davon betroffen sein.

Die Bedingungen, unter denen sie in Afghanistan ankommen, sind katastrophal. Viele von ihnen haben eine beschwerliche, mehrtägige Reise hinter sich, sind den Witterungsbedingungen ausgesetzt und müssen oft ihr Hab und Gut im Tausch für den Transport hergeben.

Die Teams der Organisationen, die in den Gebieten stationiert sind, aus denen die Menschen aus Pakistan zurückkehren, berichten von chaotischen und verzweifelten Szenen unter den Rückkehrern. Für viele war das Verlassen ihrer vorübergehenden Zuflucht in Pakistan keine Frage der Wahl, sondern eine dringende Notwendigkeit. „Ich bin gestresst und mache mir Sorgen, was ich jetzt tun soll. Früher haben wir in Pakistan Tee verkauft, aber was können wir hier tun? Es gibt keine Arbeitsmöglichkeiten in Afghanistan, und ich habe hier weder Eigentum noch ein Haus", sagte ein abgeschobener Afghane in der Provinz Nangarhar.

NRC, DRC und IRC sind sehr besorgt über die Überlebensaussichten und die Wiedereingliederung von Rückkehrenden aus Pakistan in die afghanische Gesellschaft, insbesondere angesichts des Wintereinbruchs.

Neil Turner, Landesdirektor der NRC Flüchtlingshilfe in Afghanistan, sagte: „Die jüngste Welle von afghanischen Rückkehrenden aus Pakistan hat unsere Ressourcen und die fragile Infrastruktur in Afghanistan überfordert. Die Menschen kommen in einem schrecklichen Zustand an und haben oft das Wenige, das sie hatten, verkauft, um die Reise zu bezahlen. Wir sind zutiefst besorgt über ihr Wohlergehen und über die Belastung, die dies für unsere ohnehin schon überlasteten humanitären Hilfsmaßnahmen bedeutet."

Zia Mayar, vorübergehender Landesdirektor des DRC in Afghanistan, erklärte: „Unsere Teams sind vor Ort und erleben die Verzweiflung derjenigen, die in ein Land zurückkehren, das bereits mit immensen Herausforderungen zu kämpfen hat und in das sie weder Haus noch Land zurückkehren können. Die afghanische Bevölkerung braucht mehr Unterstützung in einer Zeit, in der die Mittel drastisch gekürzt werden. Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, rasch zu handeln, um diese sich entwickelnde Krise zu bewältigen."

Salma Ben Aissa, Landesdirektorin des IRC in Afghanistan, äußerte sich wie folgt: „Die Lage in Afghanistan ist katastrophal. Angesichts von über sechs Millionen Binnenvertriebenen, die unter katastrophalen Bedingungen leben, sehen die aus Pakistan zurückkehrenden Afghanen einer düsteren Zukunft entgegen, insbesondere diejenigen, die seit Jahrzehnten in Pakistan leben. Wir brauchen dringend internationale Unterstützung, um diesen schutzbedürftigen Menschen Unterkunft, Nahrung und medizinische Versorgung zu bieten."

Bedauerlicherweise hat Afghanistan, das noch immer von jahrzehntelangen Konflikten, den jüngsten verheerenden Erdbeben und einer lähmenden Wirtschaftskrise gezeichnet ist, wenig zu bieten, so dass die Rückkehrenden kaum Aussichten haben, sich ein neues Leben aufzubauen. Das afghanische Volk braucht langfristige und nachhaltige Lösungen zur Beendigung der humanitären Krise, einschließlich der dringend benötigten Entwicklungshilfe, die die internationalen Geber derzeit nicht finanzieren.

 

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